Samstag, 11. Juni 2016

Unerreichbar

So sah unser heutiges Tagesprogramm aus:
Töreboda–Karlsborg/Vättern
2 Schleusen, 2 Seen, 46,2 km
09.00         Abf. Töreboda, Öffnung der Straßenbrücke.
                  Fahrt über den See Viken, 22,8 km.
14.30         Öffnung der Straßenbrücke Brosundet (See Viken) die von der Schleuse in                               Forsvik ferngesteuert wird.
15.30        Ank. Forsvik. Fahrt über den See Bottensjön, 7,4 km.
ca. 16       Ank. Karlsborg. Öffnung der Straßenbrücke, die von der Schleuse in                                         Forsvik ferngesteuert wird.
Nachthafen: Yachthafen Karlsborg, östlich der Kanalbrücke am Vätternsee, alternative Yachthafen Motala.
Tagesetappe: Die schleusenfreie Strecke bis Tåtorp ist von Laubwald und einer gepflegten Agrar-landschaft gesäumt. In Tåtorp wird die Schleuse noch, wie in alten Zeiten, von Hand betätigt. Jetzt folgt ein naturschöner Abschnitt über den See Viken mit schmalen Durchfahrten, tiefen Wäldern und kleinen Inseln. Die Schleuse von Forsvik wurde bereits 1813 gebaut und ist damit die älteste Schleuse des Kanals In Karlsborg liegt die beeindruckende Festung Karlsborg.
Also waren wir pünktlich um 9h00 vor der Straßenbrücke direkt hinter unserem Übernachtungshafen.


Nur dort tat sich nichts. Und immer noch nichts. 9h15 haben wir dann erst mal wieder angelegt und die Göta Kanal Gesellschaft angerufen. Anrufbeantworter mit der Info über die Öffnungszeiten: Wochentags ab 10h00 bis 16h00. Hallo – es ist Samstag 9h20, das wäre dann ja in knapp 49 Stunden. Wir waren vor 49 Jahren schon mal hier, ich bin 49 geboren, der Schweizer Motorbootfahrer, der mit uns unterwegs ist, auch. 49 ist wirklich eine wunderschöne Zahl, keine Frage, aber doch nicht hier und jetzt für unser Problem! Also habe ich das Touristenbüro hier in Töreboda angerufen. Die junge Dame war zwar nett und hilfsbereit aber sie konnte uns auch nicht weiter helfen, außer mit der Info, dass die Brücke von einem Brückenwärter in dem gelben Häuschen vor Ort bedient wird. Also - ich zu dem gelben Häuschen: kein Brückenwärter, kein Hinweisschild, außer dass die Brücke immer zur vollen und zur halben Stunde geöffnet wird. Von wegen! Und abgeschlossen, sonst hätten wir die Brücke ja auch gerne selber geöffnet. Nächster Versuch: das Touristenbüro in Motala anrufen, dort ist immerhin die Zentrale der Göta Kanal Gesellschaft, da können die evtl. uns weiter vermitteln. Aber dort nur Mailbox: wir sind ab 10h30 zu erreichen. Wieder Touristenbüro in Töreboda angerufen. Ja man arbeitet nun schon zu zweit an dem Problem und ruft zurück, sobald man eine Lösung für das Problem hat. Inzwischen ist es 10h30, das Touristenbüro in Motala ist erreichbar und man hat sogar eine Telefonnummer für uns, wo wir Hilfe bekommen können. Na also, geht doch. Denkste. Die Dame am anderen Ende eben dieser Nummer legt auf, kaum dass ich unser Problem auch nur halbwegs geschildert hatte. Beim 2. Versuch hat sie dazugelernt, sie legt sofort auf. Letzter Versuch: 112 – die internationale Notrufnummer. „Nein, kein Notfall, nur die letzte Hoffnung irgendwie noch Hilfe zu bekommen.“ Der Mann am anderen Ende der Leitung zeigt Verständnis und verbindet mich mit der Polizei hier in Töreboda. Die ist mit dem Fall auch überfordert, das Einzige, was sie mir bieten können ist die Telefonnummer der Göta Kanal Gesellschaft in Motala, jene,  die ich als erste angerufen hatte, jene mit den 49 Stunden. Damit wäre der Kreis geschlossen. Frag uns bitte keiner, wie wir uns in diesem Moment fühlten.
Von einem schwedischen Mitsegler, der auf der anderen Kanalseite festgemacht hatte, erfahren wir schließlich, dass die Göta Kanal Gesellschaft inzwischen wohl von den Problemen erfahren hatte und in 15 Minuten die Brücke geöffnet werden soll.
Und tatsächlich, sie öffnet sich, gut 2 Stunden später als geplant.
Entschädigt werden wir mit einer wunderschönen Fahrt durch den Kanal und die See Viken und Bottensjön. Ich nerve Euch jetzt auch nicht mehr mit viel Text, genießt die Bilder, so wie wir die Fahrt genossen haben.
Schön anzusehen – der Bahnhof (Järnvägsstation) von Töreboda, direkt am Kanal.


Kurz dahinter gibt es die kleinste (Seil-)Fähre Schwedens, sie nennt sich Lina:


Manche Gärten reichen direkt an den Kanal und sind nett geschmückt:


Wir mussten durch manch enge Durchfahrt hindurch


und anderen Wasserfahrzeugen ausweichen.


An den Seiten des Kanals erstreckten sich teilweise große, landwirtschaftlich genutzt Flächen, teilweise wunderbare, ursprüngliche Natur.


Und manchmal sogar Kunstwerke.


Der Kleine erinnert mich an den betenden Klosterschüler von Barlach. Und an „Sansibar oder der letzte Grund“ – sollte man unbedingt mal wieder lesen.
Bei Tåtorp erwartet uns die letzte Schleuse, die uns nach oben führt. Und uns erwartet hier auch unser heutiger Schleusen- und Brückenwärter.


Auf unsere Begrüßung hin: "Sorry, wir sind ein bisschen spät, aber das ist nicht unsere Schuld." erhalten wir die Erklärung für die heutige Verspätung. Es lag an seinem Chef, der hatte schlichtweg vergessen ihn zu informieren, dass er heute Dienst hat. Eigentlich alles kein Problem, nur könnte man als Kanal Gesellschaft seinen Kunden ja wohl eine Telefonnummer für solche Missgeschicke an Hand geben, statt unerreichbar (unser heutiger Posttitel) zu sein.
Übrgens ist dies hier in Tåtorp die einzige Schleuse des ganzen Kanals, die noch wie früher (Ihr wisst schon: 49) von Hand bedient werden muss. Eine Seite übernimmt der Schleusenwärter, die andere Seite wird von einem Besatzungsmitglied bedient. Wir haben das den schweizer Mitseglern überlassen, erstens hatten die die weitere Anreise und zweitens hatten wir das ja schon (49).


Damit haben wir jetzt den höchsten Punkt unserer Reise erreicht, die Björnö schwimmt 91,8 Meter über dem Meeresspiegel. Wir auch. Wir sind auf dem Viken. Teilweise führt uns der Weg am Seeufer entlang, das gegenüber flacheren Stellen im See durch Begrenzungswälle abgetrennt ist.


Steine sind ja sonst sehr, sehr alt. Hier gibt es welche, die relativ neu sind, wie dieser aus dem Jahr 1824.


 An einer engeren Stelle des Sees oder Kanals – der Unterschied ist nicht immer klar auszumachen – warnt uns ein langer Signalhornton: Gegenverkehr durch die Diana, die in diesem engen Teil keinen Zweiten neben sich zulässt. Wir warten.


An manchen engen und unübersichtlichen Stellen helfen uns Schilder, wie hier rechts im Bild.


Am Ende des Viken erreichen wir bei Forsvik die erste Schleuse, die uns abwärts führt.


Wir müssen umdenken, andere Tampenführung, aber kein Problem für unsere "Landfrau" Brigitte, es geht sogar leichter als bergauf und die Turbulenzen in der Schleuse sind deutlich geringer. Es folgt ein kurzes Stück Kanal


dann geht es über den Bottensjön nach Karlsborg, dort noch durch eine Brücke und wir haben den Vättern erreicht, Schwedens zweitgrößten See. Die Übernachtungsmöglichkeiten hier liegen außerhalb der Stadt, bieten weder Strom noch Wasser und reizen uns auch sonst nicht.


Also machen wir nur eine kurze Pause, Teddy darf sich entleeren, kompensiert den Flüssigkeitsverlust aber auch gleich wieder.


Und dann geht es weiter, noch mal 3 Stunden unter Motor über den Vättern, so war es unsere gemeinsame Entscheidung unter Freunden.


Motala, am Ostufer des Vättern, empfängt uns mit seiner neuen Hochbrücke. 22 Meter hoch, das sind genau 2,20 m mehr, als wir gebraucht hätten.


Passt also.
Ein erstes Bild der Stadt,


in der fix was los ist. Doch darüber berichten wir morgen.
Heute ist es spät genug, außerdem haben wir endlich mal wieder WLAN für alle (auf lau, vom Hafenrestaurant nebenan), da können wir uns unsere Mails reinziehen, haben schon einige interessante entdeckt und freuen uns, von dem Einen oder Anderen daheim zu hören.
Bis dann!

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